Ein Fest zum Aufbruch in die Freiheit - Impuls aus 2. Mose 12, 1 - 4 von Diakon Maik Richter
Liebe Gemeinde!
„Christe, du Lamm Gottes, der du trägst die Sünd der Welt, erbarm dich unser“, so singen wir jedesmal zur Abendmahlsfeier. Wenn wir Christus als das Gotteslamm anbeten, so werden wir zu den Wurzeln des Heiligen Abendmahls geführt, zum Passafest und zum Passalamm.
Das erste Passafest war ein Fest zum Aufbruch in die Freiheit. Bis dahin waren die Hebräer zur Sklavenarbeiten in Ägypten gezwungen worden, nun befreite sie Gott. Das Passafest wurde in der Nacht vor dem Aufbruch gefeiert: Das Gepäck und die Wanderstäbe lagen schon bereit, die Menschen trugen Reisekleidung. Eine neue Zeit sollte beginnen, die Zeit der Freiheit, das herrliche Leben als Gottes Eigentumsvolk, der Weg ins eigene Land. Eine neue Zeitrechnung war Zeichen dafür, dass sie in ein neues Leben aufbrachen: Der Passafest-Monat wurde von da an als erster Monat im Kalender Israels gezählt. Gott hatte es so angeordnet durch seinen Knecht Mose – wie das Passafest überhaupt ein Fest nach Vorschrift war, ein Fest, das genau nach Gottes Anweisungen gefeiert werden sollte. Lämmer sollten geschlachtet werden, einjährig, männlich, ohne Fehler; sie sollten am Feuer gebraten und noch in derselben Nacht verzehrt werden. Mit dem Blut der Lämmer sollten die Türrahmen bestrichen werden, dann würde die zehnte ägyptische Plage die Häuser der Hebräer nicht treffen, der Tod der Erstgeborenen. Ungesäuertes Brot sollte es dazu geben, ohne Hefe und Sauerteig gebacken, und bittere Kräuter. Und das Passafest sollte jedes Jahr wiederholt werden zur Erinnerung an den Aufbruch in die Freiheit, den Gott geschenkt hatte.
So wurde das Passafest von Gottes Eigentumsvolk gefeiert. Das Lamm war dabei zugleich ein Sündopfer, ein Zeichen für Gottes Sündenvergebung. Der Prophet Jesaja hat es als Vorzeichen für den kommenden Erlöser gedeutet, der sich willig wie ein Lamm zur Schlachtbank führen ließ, um die Sünde der Menschen zu tragen. „Sehet, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!“, so hatte Johannes der Täufer über Jesus Zeugnis gegeben. In der Nacht vor seinem Tod feierte Jesus das Passafest mit den zwölf Jüngern. Dabei verwandelte er dieses Fest zu etwas Neuem: Er stiftete den Neuen Bund, und er setzte das Heilige Abendmahl als Festessen dieses neuen Bundes ein. Er teilte das ungesäuerte Brot aus unter seinen Jüngern und sagte ihnen, dass dies sein Leib ist, der für sie in den Tod dahingegeben wird. Er reichte den Becher mit Wein herum (Wein war das Getränk, dass man damals bei Festen zu sich nahm) und sagte, dass dieser Wein sein Blut ist, dass zur Stiftung des neuen Bundes vergossen wird. Wo aber war das Passalamm? Die Evangelisten berichten nichts davon, dass Jesus mit seinen Jüngern an diesem Abend Lammbraten aß. Warum? Weil Jesus selbst das Passalamm war, der versprochene Erlöser, der noch lebend unter ihnen saß, aber am folgenden Tag zu seiner „Schlachtbank“ ging, zum Kreuz. Da hat er dann alles erfüllt, was Gott mit den Vorschriften des alten Passafestes prophetisch ankündigen ließ: Jesus, das Passalamm, männlich, ohne Fehler, nämlich ohne Sünde. Jesus, das Passalamm, geschlachtet als Sündopfer für die Schuld der Welt. So wurde das Passamahl des neuen Bundes zum Fest des Aufbruchs in Gottes neuen Bund, den er durch sein Gotteslamm Jesus Christus gestiftet hat. Es ist das Sakrament des Altars, das Heilige Abendmahl.
An dies alles sollen wir denken, wenn wir Abendmahl feiern. Denn wir feiern ja auch dieses Fest immer wieder und oft. „Tut solches, sooft ihr trinkt und esst, zu meinem Gedächtnis“, hat Jesus uns aufgetragen. Er selbst ist noch heute der Gastgeber. Wir können nichts Besseres tun als der Einladung nachzukommen und uns von ihm beschenken zu lassen. Jawohl, beschenken zu lassen – denn wir könnten dieses Mahl niemals bezahlen, so kostbar ist es. So kann jeder kommen, egal, ob er arm oder reich ist. Sogar wenn jemand nicht das Geld für ein Abendmahlsopfer oder die Kollekte hat, kann er kommen, denn das Einzige, was Christus bei uns sucht, ist ein Herz, das sich nach Vergebung und Frieden mit Gott sehnt und das darauf vertraut, dass es beides beim Gottessohn findet: Frieden und Vergebung. So wird das Heilige Abendmahl für uns immer wieder aufs Neue zum Fest des Aufbruchs in die Freiheit: Wir können neu anfangen zu leben, neu anfangen, Gott zu ehren, neu anfangen, unseren Mitmenschen liebevoll zu dienen. Gerade in dieser Zeit in der alles anders verläuft als bisher gewohnt lassen wir uns dadurch ermutigen und aus der frohen Botschaft leben. Amen.